Die Dreiflüssestadt Passau, gerne bezeichnet als „bayerisches Venedig“, ist eine immerhin 2000-jährige Schönheit, von der nicht nur Literaten vom Mittelalter bis hin zu Alexander v. Humboldt und dem Passauer Dichter Hans Carossa, sondern auch heutige Besucher begeistert schwärmen. Beginnen wir deshalb mit dem Entdecken:

Gemälde „Einzug der Nibelungen“ im Großen Rathaussaal
Gemälde „Einzug der Nibelungen“ im Großen Rathaussaal



Rathaus mit Rathausturm. Der weite, sich zur Donau öffnende Platz war einst der Fischmarkt mit Schiffslände. Der venezianisch anmutende Bau, ab 1298 mit gotischer Nordfassade (1410) entstand aus 7 Patrizierhäusern. Das mittelalterliche Rathaus wurde 1893 mit dem neugotischen Rathausturm gekrönt. Die dort angebrachten Hochwassermarken lassen den Betrachter nachdenklich werden. Seit jüngster Zeit erfreut ein Glockenspiel zu vollen Stunden.

Durch das schöne gotische Westportal mit Wappenhalterin (1480) und dem Treppenhaus (1446) erreichen wir die zwei Rathaussäle, die Repräsentationsräume der Stadt. Der Große Rathaussaal dient für Empfänge und Konzerte, der Kleine Rathaussaal für Stadtratssitzungen und Hochzeiten. Die Säle haben eine glanzvolle Ausstattung mit barocken Marmorsäulen und Stuckaturen. Der Passauer Historienmaler Ferdinand Wagner hat 1885 den großen Saal mit Kolossalgemälde  zur Stadtgeschichte ausgestattet.


UNSERE BESONDEREN TIPPS

  • Orgelkonzert im Dom St. Stephan
  • Historischer Rathaussaal Passau
  • Glasmuseum Passau
  • Domschatz- u. Diözesanmuseum


Gegenüber im „kaisergelb“ fällt ein geschichtsträchtiges Haus auf: Das Hotel „Wilder Mann“, in dem das Passauer Glasmuseum untergebracht ist. Das Haus war ab 1255 Schranne (Stadtrichterhaus) und schon 1672 Hotel. Es beherbergte bis heute viele illustre und bedeutende Gäste; von Adalbert Stifter, Graf Zeppelin und vor allem Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sissi) bis zum ersten Menschen auf dem Mond, Neil Armstrong, ebenso Staatsmänner und Würdenträger der Kirchen. Das Glasmuseum Passau zeigt über 200 Jahre Glasgeschichte von 1700 – 1940 mit über 30.000 Exponaten, gegliedert nach den Produkten der bedeutenden Glashütten des Böhmerwaldes. Gläser der Stilrichtungen Barock, Empire, Biedermeier, Klassizismus, Historismus bis Jugendstil und Art deco machen es zum „schönsten Glashaus der Welt“, so der prominente Besucher Friedrich Dürrenmatt.

 

Rathausplatz mit Rathaus, Hotel Wilder Mann und Dom
Rathausplatz mit Rathaus, Hotel Wilder Mann und Dom



Residenzplatz mit Wittelsbacher Brunnen. Den ursprünglich zentralen Markt machten die Bischöfe in ihrer Italienbegeisterung zur wunderschönen südländischen Piazza. An der Stelle des Brunnens von 1555 steht seit 1903 der Marien- oder Wittelsbacherbrunnen erbaut zur Erinnerung an die damals 100-jährige bayerische Herrschaft. Die Neue Residenz der Bischöfe erbauten die italienischen Architekten Antonio Beduzzi und Dominikus D’Angeli von 1707 bis 1730. Ihre heutige frühklassizistische Gestalt gab ihr der Umbau um 1770 durch den Wiener Hofarchitekten Melchior Hefele. Bis heute beeindruckt die zartblaue Fassade mit barockem Figurenschmuck. Im Inneren ein Prunkstück: das schönste Rokoko-Stiegenhaus Südbayerns mit meisterlichen Stuckaturen Johann Baptist Modlers und dem eindrucksvollen Deckenfresko von Johann Georg Unruh.

Über das Stiegenhaus erreicht man geradewegs das Domschatz- und Diözesanmuseum. Es zeigt die einmalige Sammlung sakraler Kunstschätze des ehemaligen Fürstbistums, das einst das größte im Heiligen Römischen Reich war. Die Alte Residenz befindet sich parallel zum Dom in der Zengergasse und ist heute Sitz des Landgerichts. Die repräsentative Bausubstanz des 15. - 17. Jh. zeigt sich in der bewegten Geschichte: Herzogsburg, Königspfalz sowie Grafensitz und erste Bischofsresidenz. Original erhalten ist das Hauptportal von 1670 und das Portal mit dem Wappen von Fürstbischof Erzherzog Leopold von Österreich 1693.

 

DOM St. Stefan, Passau
DOM St. Stefan, Passau

Einer der großzügigsten Stadtplätze Bayerns ist der Domplatz, umrahmt von einem geschlossenen Baukomplex stolzer stattlicher Kapitelhöfe, in denen einst die Domherren, oft Angehörige des österreichischen Hochadels eher Hof hielten als wohnten. In einem der schönsten Gebäude, dem Lambergpalais wurde 1552 der „Passauer Religionsfrieden“ geschlossen, ein erster Schritt zur freien Religionswahl. In der Mitte des Platzes befindet sich das Denkmal des Bayernkönigs Max I. errichtet 1803 anlässlich der Zugehörigkeit Passaus zum Königreich Bayern. Die östliche Seite wird von der breiten Fassade mit den mächtigen, von barocken Kuppeln bekrönten Türmen des Doms St. Stephan eingenommen. Dieser monumentale Bau (1668-1693) ist der größte Barockbau nördlich der Alpen. Er ist nach dem großen Stadtbrand von 1662 entstanden. Vom gotischen Vorgängerdom sind immerhin Ostchor und Querschiff geblieben. Den größten hochbarocken Kirchenraum Süddeutschlands schuf der italienische Baumeister Carlo Lurago, die übrigen Barockstuckaturen und Altaraufbauten Giovanni Battista Carlone in fast 20-jähriger Zusammenarbeit mit weiteren Zunftgenossen aus ihrer Künstlerheimat, dem Intelvi-Tal im italienischen Friaul. Ihnen gelang es erhaltene gotische Bausubstanz mit den barocken Gestaltungsformen unauffällig zu verbinden. Die vergoldete holzgeschnitzte Kanzel, gekrönt von der Ecclesia, ist ein Meisterwerk zugeordnet den Wiener Künstlern Lukas Hildebrandt und Raphael Donner 1726. Das riesige Gehäuse der Hauptorgel schuf der Passauer Bildhauer Matthias Götz. 1924 schließlich entstand als Krönung der Kathedrale in Passau die größte Domorgel der Welt mit 17.974 Pfeifen, 233 klingenden Registern, verteilt im riesigen Gotteshaus auf fünf Orgelwerke. Die Klangfülle und Kraft des Instruments sprengt alle Erwartungen. Sie erklingt nicht nur bei Gottesdiensten, sondern auch bei den mittäglichen Orgelkonzerten.

Am Südhang des Dombergs, zu Füßen der Alten Residenz sehen wir ein Bauensemble in klassizistischer Eleganz, das Fürstbischöfliche Opernhaus mit den angegliederten Redoutensälen. Dazwischen, allerdings nicht sichtbar, die ehemaligen „hängenden Gärten“ nach griechischem Vorbild. Seit 1645 diente dieses Ballhaus der Unterhaltung des fürstbischöflichen Hofes, erst 1771 wurde es Hofkomödien- und Opernhaus. 1783 war es dann als kleine exklusive Bühne auch für die Bürgerschaft zugänglich.
Zu Beginn des Neumarkts, beim Paulusbogen, der einst die Altstadt abschloss, erhebt sich die seit 1050 alleinige Stadtpfarrkirche St. Paul. Dazu ist zu ergänzen, dass der Dom ausschließlich Bischofskathedrale war. Seine barocke Gestalt hat das Gotteshaus ebenfalls nach dem Stadtbrand (1662) von den Künstlern der Carlonefamilie erhalten. Zu den auffälligen Bauten in der Altstadt auf der Innseite zählt der herrliche Renaissancebau des heutigen Amtsgerichts, einst Palais der Grafen von Herberstein und Wohnsitz der Passauer Bürgermeister. Daneben erhebt sich ein weiteres Kunstwerk aus der „Carlonezeit“, die Kirche St. Michael, einst Klosterkirche der Jesuiten mit dem anschließenden Klosterbau, heute humanistisches Gymnasium. Gleich angrenzend im „Klosterwinkel“, umgeben von Mauern, der Komplex der einstigen Benediktinerinnenabtei Kloster Niedernburg. Die Gründung erfolgte bereits 740 durch die Agilolfinger. In der Klosterkirche, im neuromanischen Stil, befindet sich das gotische Marmorhochgrab der selig gesprochenen ungarischen Königin Gisela, bis heute immer noch Wallfahrtsstätte vieler Ungarn. In unserer Zeit betreiben im Kloster Niedernburg die Maria-Ward-Schwestern eine Realschule und ein Gymnasium.

 

Dreiflüsseeck in Passau
Dreiflüsseeck in Passau



Am Ende der Halbinsel zwischen Donau und Inn befindet sich die Ortspitze, der weltbekannte Zusammenfluss der drei Flüsse Donau, Inn und Ilz. Schutz- und Trutzburg der Fürstbischöfe war einst die Veste Oberhaus. 1219 erbaut, wahrt sie auch heute noch den Eindruck einer wehrhaften Burg. Durch Wehrgänge ist sie mit der Burg Niederhaus, genau am Zusammenfluss von Donau und Ilz verbunden. Heute beherbergt die Burg das Oberhausmuseum mit Darstellung der Geschichte von Stadt und Region Passau, sowie wechselnden Sonderausstellungen. Das Museum Moderner Kunst befindet sich in vier einst selbständigen Altstadthäusern mit der einmaligen Kombination von gotischen, barocken und klassizistischen Stilelementen. Neben den Werken von Georg Philipp Wörlen sind rund 2000 Exponate aus Gemeinschaften wie dem Wiener Hagenbund und der Donau-Wald-Gruppe zu sehen, sowie beachtenswerte Wechselausstellungen internationaler Künstler des 20. und 21. Jh.
Zusammenfluss von Ilz, Donau und Inn

Kloster Maria Hilf hoch über dem Innufer
Kloster Maria Hilf hoch über dem Innufer



UNSERE BESONDEREN TIPPS:

  • Oberhausmuseum Passau
  • Donauschiffahrt Wurm+Köck
  • Museum Moderner Kunst
  • Stadtführung Passau
  • Nostalgiebahn Passauer Eisenbahnfreunde


Die Silhouette der Innstadt wird beherrscht von der Wallfahrtskirche Maria Hilf. Sie wurde ebenfalls nach dem Stadtbrand von 1662 zwischen 1663 und 1667 mit ihren eigenwilligen offenen Zwiebeltürmen errichtet. Das Innere ist ungewöhnlich schmucklos, dafür lenkt der gold- und silbergeschmückte Hauptaltar alle Blicke auf sich. In der Mitte hängt eine Kopie des Gnadenbilds „Maria mit dem Jesuskind“ von Lukas Cranach dem Älteren. Das Original war ein Geschenk des Kurfürsten
von Sachsen an den Bischof. Dieser schenkte es der Innsbrucker Pfarrkirche, jedoch ließ der Domherr Marquard. v. Schwendi eine Kopie anfertigen. Dabei wurde die Mutter-Kind-Beziehung so verstärkt, dass das wahrhaft „deutsche Gnadenbild Maria Hilf“ entstand. Unübersehbar hängt in Maria Hilf ein Meisterwerk Augsburger Goldschmiedekunst, die Kaiserampel, ein Geschenk von Kaiser Leopold I. Auffallend ist der besondere Zugang zum Kloster mit einer überdachten Wallfahrtsstiege von 1628 mit 231 Stufen. Das Kloster beherbergte einst Kapuziner, heute Patres des Pauliner-Ordens.

 

Römermuseum Bojotro
Römermuseum Bojotro



Der Inn war in römischer Zeit bereits Grenzfluss zwischen den Provinzen Noricum (heute Österreich) und Raetien (heute Bayern). Aus dieser Zeit sind nachgewiesen ein norisches Kastell Bojodurum ab ca. 90 n.Chr. und ein kleineres spätrömisches Boiotro in der Innstadt. Das später namensgebende raetische Gegenstück Batavis (=Passau) entstand auf dem späteren Domberg. Bei Erdaushub 1974 in der Innstadt wurde römisches Mauerwerk entdeckt und damit auch der Standort des Kastells Boiotro, heute befindet sich dort das Römermuseum. Es dokumentiert diese Zeit mit Funden von der Vorgeschichte bis zur Neuzeit. St. Severin, die heutige Friedhofskirche ist erbaut auf den spätantiken Grundmauern der Klause des Heiligen Severin, der als höherer römischer Amtsträger ab ca. 450 die Zivilbevölkerung vor dem Germanenansturm beschützte und den Glauben verbreitet hat. Das heutige Langhaus der Kirche ist romanisch mit spätgotischem Altarraum.

Am gegenüberliegenden Ufer befindet sich das bedeutende ehemalige Chorherrenstift St. Nikola aus dem Jahr 1070, gegründet von Bischof Altmann. Die Anlage erlebte eine wechselvolle Geschichte zunächst als Kloster, dann als kaiserliche Kaserne, Flüchtlingslager und in neuer Zeit seit 1978 als Sitz der Universität Passau. Auch das Mutterhaus der Deutschordensschwestern, die eine Fachakademie für Sozialpädagogik betreiben, befindet sich in diesem Komplex.

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